Waisenhaus
Waisenhaus zur hl. Magdalena
("Seelhaus"; Bamberg, Unterer Kaulberg 30)
Bamberg, Unterer Kaulberg 30: ehemaliges Waiseenhaus
Geschichte des Waisenhauses (früher auch „Seelhaus“ genannt):
ab 1435: Aufnahmestelle für Waisenknaben
1592 lebten hier 34, 1602 sogar 52 Waisen, denen von 1610 - 1803 ein eigener Hauslehrer zur Verfügung gestellt wurde.
1671 wird das jetzige Haus vollendet und mit der Magdalenenkapelle vereinigt; die „Pfleglinge“ beten laut und verlassen an Sonn- und Feiertagen das Waisenhaus, um den Ministrantendienst in den umliegenden Kirchen zu leisten.
ab 1736: Domkapitular Franz Carl von Ostheim, Fürstbischof Franz Conrad Graf von Stadion und Thannhausen und der geheime Rat Phillip Eppenauer spenden Geld zum „geistigen“ Wohl der Kinder. In dieser Zeit fand der Bau eines Seitenflügels zur Unterbringung von Mädchen statt.
1804: Nach der Aufhebung des Fürstbistums Bamberg (1803) wird das Waisenhaus durch  bayerische Säkularisationskommissäre geschlossen. Die Kinder werden bei entfernten Verwandten bzw. Pflegefamilien untergebracht.
1805: Das Schullehrerseminar zieht von der Karolinenstraße 9 in das ehemalige Waisenhaus.
1824: Pfarrer Augustin Andreas Schellenberger (1746-1832)   inszeniert eine Bewegung für die Wiederherstellung des Waisenhauses. [1]
19.6.1827: Genehmigung der Wiedereröffnung des Waisenhauses
18.1.1828: Die Regierung ordnet die Neueröffnung des Waisenhauses an.
16.2.1828: Verwirklichung des Einzugs; vorerst werden 20 Knaben aufgenommen.
11.2.1833: Spenden ermöglichen einen Anbau, so dass fortan auch 10 Mädchen aufgenommen werden können. Es findet auch eine Versorgung mit Kleidern statt. - Zuletzt waren 20 Knaben und 22 Mädchen untergebracht, die eine Außenschule besuchten
Wappen und Inschrift
Rechts oberhalb des Hauptportals befindet sich das Wappen des Erbauers, Fürstbischof Philipp Valentin Albert Voit von Rieneck (1653-1672):
Das Wappen zeigt den Löwen des Hochstifts Bamberg sowie das persönliche Wappen Voit von Rienecks, einen (auf rotem Grund schreitenden) Widder. Als Wappenzier dienen die Machtinsignien Fürstenkrone, Kreuz und Bischofsstab. Die Inschrift nimmt Bezug auf Bauzweck und Erbauer:
EXSTRVXIT
ORPHANOTROPHIVM HOC S. MAGDALENAE
SACRVM
RMVS ET ILLMVS S. R. I. PRINCEPS
D: D: PHILIPPVS VALENTINVS EPS BAMB
AERE PROPRIO
ANNO M.DC.LXXI.
In Langform (ohne Abkürzungen):
EXSTRVXIT
ORPHANOTROPHIVM HOC S[ANCTAE] MAGDALENAE
SACRUM
R[EVERNDISSI]MVS ET ILL[VSTRISSI]MUS S[ACRI]
R[OMANI] I[MPERII] PRINCEPS
D[OMINVS] D[OMINVS] PHILIPPVS VALENTINVS EP[ISCOPV]S BAMB[ERGENSIS]
AERE PROPRIO
ANNO M.DC.LXXI.
Übersetzung:
Dieses Waisenhaus, der hl. Magdalena geweiht, erbaute der ehrwürdigste und durchlauchtigste Fürst des heiligen römischen Reichs, der hochwürdigste Herr Philipp Valentin, Bischof von Bamberg, aus eigenem Vermögen im Jahr 1671.
Der Bildhauer des Wappens war vermutlich Samuel Koch; er verwendete den so genannten Knorpelstil.

Der Erbauer
Fürstbischof Philipp Valentin Albert Voit von Rieneck (1653-1672) wurde am 10. Januar 1612 geboren und verstarb am 3. Januar 1672 im Schloss Geyerswörth.
Nachdem Philipp Valentin von Rieneck seit dem 7. Juni 1649 Domdechant in Bamberg war, wurde er am 12. Februar 1653 der Fürstbischof Bambergs. Er galt als sparsam im Haushalt, war dem Kaiser treu ergeben und wurde als „Vater seiner Untertanen“ bezeichnet. Er ließ das dem Einsturz nahe Waisenhaus aus eigenen Mitteln neu errichten und befestigte zudem die Hochstiftsstädte Forchheim und Kronach. - Im Bamberger Dom kann man das prächtige Grabmonument Philipp Valentins besichtigen.
4/2003 Moritz Rahm, Hanna Krafft (11 b)
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Anmerkung:
[1]  
"Geistl. Rat Augustin Andreas Schellenberger (1746-1832), Bamberger Kirchnersohn, Pfarrverweser zu ULF-Pfarre, deren Geschichte er schrieb, war einer der größten Bamberger geistlichen Wohltäter. Er leitete das Armenwesen in der Stadt unter Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal und setzte das Krankenhaus zu seinem Haupterben ein; er liegt auf dem Stephansberger Friedhof begraben."  Aus: STADT BAMBERG, Adressbuch 2001, München: Adreßbuchverlagsgesellschaft Ruf, 2001; S. 104. - Die Schellenbergerstraße befindet sich links oberhalb des Oberen Stephansberges.
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