Güldener Stern
Konnte Dientzenhofer kein Latein?
Inschrift am Haus zum Güldenen Stern
(Bamberg, Lange Straße 18)
Eine wenig beachtete lateinische Inschrift ziert das Haus zum Güldenen Stern - hier in der ursprünglichen Fassung
„Sordes meae in manu domini“, stand noch vor einiger Zeit am Hauszeichen des „Hauses zum goldenen Stern“ zu lesen. Die fränkische Eigenart den Buchstaben  „t“ als „d“ auszusprechen dürfte wohl einschlägig bekannt sein.  Der Handwerker, der vor über 300 Jahren den Text in Stein meißelte, ahnte wohl nicht, welch amüsante Sinnänderung er der lateinischen Inschrift gab, als er wohl auf Grund mangelnder Lateinkenntnisse und/oder eines Hörfehlers, aus dem ursprünglichen Wort „sortes“ „sordes“ machte. „Sordes“ nämlich bedeutet übersetzt nichts anderes als Schmutz. Daher würde der Satz auf Deutsch „Mein Schmutz (liegt) in der Hand des Herrn“ lauten.
Leider (?) hat inzwischen ein wachsames Auge diesen Fehler bemerkt, und aus "sordes meae" wurde bei einer Restaurierung vor einigen Jahren das ursprünglich gemeinte "sortes meae", so dass jetzt endgültig  unser Schicksal wieder in der Hand des Herrn liegt. Schade eigentlich, vielleicht träfe die fränkische Variante manchmal besser zu!
Gut gemeint, aber nicht ursprünglich: die Inschrift in ihrer heutigen Fassung:
SORTES MEAE IN MANV
DOMINI
Mein Geschick ruht in der Hand des Herrn.
Das Hauszeichen selbst wurde von Leonhard Dientzenhofer  der 1687/88 einen Neubau vornahm, in seiner heutigen Form gestaltet. Er übernahm eine alte steinerne Tafel aus dem Jahr 1572 mit dem Hauszeichen  „zum Stern“ und fügte ein Monogramm und das neue Baujahr hinzu. Dann setzte er es wieder in die Brüstungsmitte des ersten Obergeschosses ein.
Die Initialen L. D. verweisen auf den Bauherrn Leonhard Dientzenhofer, einem Mitglied der berühmten Baumeisterfamilie.
Beschreibung des Hauszeichens:
   Der Sockel mit der Inschrift ist durch zwei Voluten eingefasst.
   Darüber befindet sich ein umkränztes Kreismedaillon. Es wird durch zwei Putten als Schildhalter flankiert und durch einen flachen Dreiecksgiebel gekrönt.
   Das Hauszeichen, ein sechstrahliger Stern, befindet sich in der Mitte des Kreismedaillons. Außerdem sind zwischen den Strahlen des Sternes ein Jesus- und Marienmonogramm sowie die Initialen LD (Leonhard Dietzenhofer) und die Jahreszahl 1688 in den Stein gehauen.
   Der linke Putte hält ein Wappen mit einem steigenden Pferd,   der rechte eines mit einem Hunde- oder Schweinekopf. Dabei handelt es sich vermutlich um die Wappen JohannThonmüllers (Initialen ITM?) und seiner Frau, die das Vorgängerhaus 1572 neu errichteten oder zumindest umbauten.
   Das Giebeldreieck wird durch einen geflügelten Engelskopf ausgefüllt. Darunter ist die Jahreszahl MDL XXII (1572) zu lesen.
Das auf den ersten Blick unscheinbare Haus Lange Straße 18 wurde bereits 1688 errichtet und war Vorbild für zahlreiche andere Barockhäuser in Bamberg.
Baugeschichte:
   Erste Erwähnung des Hauses: 1474.
   Seit 1548 trägt es den Namen „Haus zum güldenen Stern“.
   Seit Ende des 15. Jahrhunderts war es eine Gastwirtschaft.
   1572 wurde es durch Johannes Thonmüller neu oder zumindest umgebaut.- Das Haus wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört und 1687 durch den Hofbaumeister Johann Leonhard Dientzenhofer, dem das Grundstück damals gehörte, neu gebaut.
   L. Dientzenhofer musste 1688 das Grundstück wegen eines zinslosen Darlehens an die Hofkammer verpfänden.
   Von 1707 bis 1780 war das Grundstück im Besitz der Freiherren von Pölnitz.
   1842 wurde das Hauptgebäude durch den Zimmermeister Joseph Grenz umgestaltet.
   1955 wurde die Hofbebauung aufgebrochen und an dieser Stelle ein Kino gebaut.
   Heute befindet sich dort ein Spielcenter.

Baubeschreibung:
   Dreigeschossiges, traufständiges Wohn- und Geschäftshaus zu drei Erdgeschoss- und vier Obergeschossachsen.
   Das Haus hat ein Satteldach mit Biberschwanz-Deckung.
   Im Erdgeschoss sind Rundbogenöffnungen mit Volutenschlusssteinen zu sehen.
   Der mittlere Rundbogen ist durch dorisierende Pilaster, die einen gesprengten Giebel tragen, betont.
   Die Obergeschosse sind durch breite Ecklisenen zusammengefasst und durch Gurt- und Sohlbankgesimse geteilt.
   Die vier Fensterachsen sind durch einen flachen Fensterrisalit vereinigt.
   Die Fenster sind mit gekröpften und geohrten Fenstereinfassungen  - mit profilierter Randleiste - versehen, im Obergeschoss sind außerdem Fensterverdachungen in Form von Gesimsstücken zu sehen.
   Im Wesentlichen geht die heutige Fassade auf Joseph Grenz zurück, die Fensterverdachungen und reichen Simsgliederungen erinnern vielleicht noch an die Zeit Leonhard Dientzenhofers.
   Unter dem Gebäude befindet sich ein dreischiffiger, sechsjochiger Keller mit Kreuzgratgewölbe, im Erdgeschoss eine moderne Ladenpassage.
   Das  Dach ist viergeschossig und wurde 1955 umgebaut. Es hat einen liegenden Dachstuhl mit zwei Querunterzügen, die in den durchlaufenden Spannriegel eingefasst sind.

Thomas Korth würdigte das Haus als ein Musterhaus, das mit seiner Mitteleinfahrt und den seitlichen Ladenarkaden für viele Bamberger Häuser beispielhaft wirkte.
(c) Tina Herbst (11 a; 2004)
Quelle:
BREUER, T. u. GUTBIER, R.: Die Kunstdenkmäler von Oberfranken, Stadt Bamberg, Innere Inselstadt. 2 Halbbände. Bamberg: Bayer. Verlagsanstalt, 1990; S. 929-931.

Johann Leonhard Dientzenhofer  (1660-1707) war vor allem in Bamberg tätig. Er erweiterte unter Erzkanzler Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn (1695-1729) die Neue Residenz und  vollendete die 1893 geweihte Martinskirche. Von ihm stammen auch  die Konventsgebäude der ehemaligen Benediktinerabteil Michelsberg und die barocke Fassade der Michelskirche.
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Die Anordnung der Initialen ITM   unter der lateinischen Inschrift lässt vermuten, dass die fränkische Schreibweise von "sortes" bereits auf Johann Thonmüller zurückgeht. Johann Leonhard Dientzenhofer scheint aber daran keinen Anstoß genommen zu haben, obwohl er wohl als geborener Bayer (*20.02.1660 in St. Margarethen bei Rosenheim) "t" und "d" auseinanderhalten konnte.
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