(Bamberg, Oberer Stephansberg 1)
früher: Curia ad Salices [1]
bzw. Ehehaltenhaus
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Die 7b und die 9a des Kaiser-Heinrich-Gymnasiums Bamberg untersuchen die Inschrift am Oberen Stephansberg 1, dem Haus zum goldenen Wappen: |
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Auch Abschreiben, Kopieren, Restaurieren will gelernt sein!
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Das stattliche Haus zum goldenen Wappen markiert den Anfang des Oberen Stephansbergs. Zahlreiche Besucher der Bierkeller gehen im Sommer achtlos daran vorbei, doch hat das Haus Einiges zu erzählen. Man braucht nur das goldene Wappen und die Inschrift über dem Portal zu studieren... |
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Einige Schüler der 7 b ( die anderen spielten Theater ) und einige der 9 a (die anderen pflegten den Comenius-Austausch mit Udine) haben sich mit dieser beim Vorbeigehen so schwer zugänglichen Inschrift befasst. Durch Zufall sind wir an Literatur über den Text der Inschrift am Haus zum goldenen Wappen (Oberer Stephansberg 1) gekommen. [2] |
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Interessant ist erst einmal, dass der mit dem Fernglas zu ermittelnde Text nicht mit den Abschriften früherer Zeiten, die einen Sinn ergeben(!), übereinstimmt. |
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Wir vermuten, dass bei irgendeiner Restaurierung der Sinn einzelner Teile der Inschrift nicht mehr geläufig war; die "Vervollständigung" bei der Restauration führte zu Verfälschungen und teilweiser Sinnzerstörung. |
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Die Schüler bearbeiten die Kopie der Inschrift nach R. Urban: [3] |
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SANCTIS PATRONIS STEPHANO HENRICO - KUNIGUNDI |
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Rmvs ET ILLmvs PRINCEPS ET DOVS D. IOAN: GODEFRI |
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EPS. BAMBER. ET WIRTZ: FRANCIAE ORIENTALIS DVX |
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HANC DOMVAD EXCITANDA FAMULORVM ERCA DOMP. |
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NOS SVOS FIDELITATEM ET GRATITUDINEM PROPRIO |
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AERE EX FVNDAMENTIS ET STRVXIT |
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ANNO SALVTIS M - DC . XVIII |
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Die Abkürzungen der ersten Zeile können wir uns inzwischen ziemlich gut erklären: |
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D.O.M. = DEO OPTIMO MAXIMO |
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V.E.M. = VIRGO ??? MARIA |
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Was soll das "E" bedeuten? Wir überlegen verschiedene Attributvarianten - alles passt nicht auf MARIA. |
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Dann, erst dann nehmen wir an, daß auch Stein geduldig ist und überlegen uns, ob Buchstaben mit ähnlichem Schriftbild eine Lösung ergeben: F für felix (glücklich dank äußerer Güter) oder B für beatus (glücklich dank innerer Werte.). Letzteres halten wir in diesem Kontext für passender.
Ein Blick in ältere Transskriptionen der Inschrift bestätigt unsere Vermutung. [4] |
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Die Abkürzungen in der Zeile 3 sind für uns neu: |
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Rmvs et ILLmvs sowie DOVS D.
Bei ILLmvs kann man ja noch auf "illustrissimus" (sehr angesehen) kommen, bei Rmvs auf "reverendissimus" (allergnädigster), aber um DOVS aufzulösen bedurfte es eines Blickes durch das Fernglas und da fand sich ein zusätzlicher Buchstabe: M/N. Also: dominus. |
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Dann folgt D: - noch einmal dominus?
In der 5. Zeile vermuten wir auch bei DOMP., dass es sich um einen Restauratorenfehler handelt: DOMI müsste es heißen. |
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In der 7.Zeile liegt ein Abschriftfehler vor: statt "et struxit" muss es exstruxit (falsch bei R. Urban) heißen. |
DieAuflösung (Korrekturen sind rot markiert): |
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Deo Optimo Maximo et Virgini beatissimae Mariae,
Sanctis Patronis Stephano, Henrico et Kunegundi,
Reverendissimus et illustrissimus Princeps et Dominus D. Joannes Godefri.
Episcopus Bambergensis et Wirtzeburgensis Franciae orientalis Dux
hanc domum ad excitandum famulorum erga domi-
nos suos fidelitatem et gratitudinem proprio
aere ex fundamentis exstruxit,
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Zu Deutsch: |
Gott, dem besten und größten, und der seligsten Jungfrau Maria,
den heiligen Patronen Stephan, Heinrich und Kunigunde,
hat der hochwürdigste und durchlauchtigste Fürst und Herr, Herr Johannes Gottfried,
Bischof von Bamberg und Würzburg, Herzog von Ostfranken, [5]
dieses Haus zur Erweckung der Treue und Dankbarkeit der Dienstboten gegen ihre Herren
auf seine Kosten von Grund aus errichtet,
im Jahre des Heils 1618.
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Zur Geschichte des Hauses zum goldenen Wappen: |
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Um die Stephanskirche herum lagen Kanonikatshöfe, die zur Immunität St. Stephan gehörten. Die ersten Stiftsherren wohnten, wie auch die Georgenbrüder des Domes, ihrer Regel entsprechend, unter einem Dach. Als dieses gemeinsame Haushalten aufgelöst wurde, bauten sich die Einzelnen eigene Anwesen in unmittelbarer Nähe zur Kirche. Auch der Vorgängerbau der heutigen Adresse Oberer Stephansberg 1 war ein Kanonikatshof und hieß "Curia ad salices" - das Haus zu den Weiden. ( Damit wird vermutlich auf Weiden am Regnitzufer, das das Grundstück Hang abwärts begrenzt, verwiesen.) |
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Im Jahre 1618 stiftete Fürstbischof Johann Gottfried von Aschhausen [5] anstelle des baufällig gewordenen Anwesens ein Haus für kranke Dienstboten, das so genannte Ehehaltenhaus. [6] Es wurde als zweiflügeliger Bau in frühbarocken Formen mit einem ummauerten Hof errichtet. |
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Bei einem Umbau wurde das Haus mit vielen Zimmern und einer Kapelle ausgestattet. Die Kapelle wurde am 6 .8. 1628 vom Weihbischof Friedrich Förner zur Ehre des hl. Carolus Borromäus geweiht. - Nach dem Tod des Fürstbischofs von Aschhausen wurde das Haus wieder ein Kanonikatshof des Stiftes, die Stiftung für die Dienstboten fand ein anderes Haus in Bamberg. Um 1735 wurde das Haus neu ausgestattet.
Nach der Säkularisation ging das Anwesen in private Hände über.
Quelle: Bamberger Volksblatt, Donnerstag, 21. 10. 1937 |
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