Chronogramm am Haus zum Lindwurm
Zur Übung:  
zwei Chronogramme aus Gößweinstein

Chronogramme in Bamberg:
   Haus zum Lindwurm (Einführung)
   Altes Schlachthaus
   Böttingerhaus
   Dompropstei
   Scheiners Weinstuben am Katzenberg
   Kaiserportal am Michelsberg

Einführung: Chronogramm am Haus zum Lindwurm  
   Beschreibung durch Leonhard Möckl (7 b, 2001/2002)
   Beschreibung durch Tina Herbst (9 a, 2001/2002):
Chronogramm am Haus zum Lindwurm
Im Zuge des am Kaiser Heinrich Gymnasium bearbeiteten Denkmalprojekts, bei dem uns (der Klasse 9 a) der Bereich Sprachdenkmäler zugeteilt wurde, beschäftigten wir uns in der Lateinstunde am 17.01.02 mit dem Thema der Chronogramme. Als Beispiel diente uns ein Chronogramm, das sich am Hauptgebäude des Hauses zum Lindwurm (Hinterer Bach 8) befindet.

  
Als wir das Chronogramm zum ersten Mal auf Folie betrachteten, fiel uns sogleich auf, dass mitten im Text bestimmte Buchstaben groß geschrieben sind. Ein Nachschlag in einem Sprachlexikon [1] unter dem Stichwort Chronogramm lieferte uns nähere Informationen:
Ein Chronogramm (von dem griech. chronos = Zeit und grapho = ich schreibe) ist eine lateinische Inschrift oder Aufzeichnung, bei der im Text hervorgehobene Buchstaben  in richtiger Reihenfolge Jahreszahlen eines historischen Ereignisses ergeben.

Also musste es sich bei  den groß geschriebenen Buchstaben zugleich auch um römische Zahlen handeln!

Wir übten das Lesen eines Chronogrammes zunächst am folgenden Beispiel:
IesVs nazarenVs reX IVDaeorVM
Übersetzung: Jesus von Nazareth, König der Juden

Zunächst wird festgestellt, wie oft jede römische Zahl im Text enthalten ist:
Römische Ziffer Zahlenwert
Häufigkeit
Summe
M
1000
1 x
1000
D
500
1 x
 500
C
100
0 x
     0
L
50
0 x
     0
X
10
1 x  
   10
V
5
4 x
   20
I
1
2 x
     2
Gesamtsumme
1532
  
Unser Chronogramm stammt also aus dem Jahr 1532. [2]

Nun übertrugen wir unsere Erfahrungen auf das Chronogramm vom Hinteren Bach 8:
CVM Verbo genItrIX
hasCe aeDes protege
tVtrIX
ita vovet
Petrus Butt
S. T. Vicarus
et sum-
missarius  
Übersetzung: Zusammen mit dem Wort [3], bewahre, Mutter [4], als Schutzherrin [5] dieses Haus. So gelobt es Peter Butt, Vikarier [6] des heiligen Stephanus [7] und Summissar [8].

Nach der Übersetzung bestimmten wir das Jahr in der Inschrift wie am obigen Beispiel gezeigt:

Römische Ziffer Zahlenwert
Häufigkeit
Summe
M
1000
1 x
1000
D
500
1 x
 500
C
100
2 x
 200
L
50
0 x
     0
X
10
2 x  
  20
V
5
3 x
  15
I
1
3 x
    3
Gesamtsumme
1738

Als Ergebnis erhielten wir 1738, das Jahr, in dem das Haupthaus des Hauses zum Lindwurm gebaut wurde.

Übungschronogramme:  
Im bekannten Wallfahrtsort Gößweinstein befinden sich zwei sehr ähnliche Chronogramme:
   Chronogramm   über dem Portal der Wallfahrtskirche (Patrozinium: Hl. Dreifaltigkeit):
BENEDICTA SIT VNA
INDIVISA TRINITAS, VNA
DEITAS, SANCTA ET
VNA VNITAS.
(Gelobt sei die eine
ungeteilte Dreieinigkeit, die eine
Gottheit, heilige und
einzige Einheit.)



   Chronogramm am Franziskanerkloster:  
a pIe IntrantIbVs beneDICta sIt sanCta et InDIVIDVa trInItas!
(Von fromm Eintretenden werde die heilige und ungeteilte Dreifaltigkeit gepriesen!)



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Anm.:  
[1] GLÜCK, H. (Hrsg.): Metzler Lexikon Sprache. Stuttgart, Weimar: J. B. Metzler, 2000 (2., erweiterte Auflage).   
[2] 1532 ist das Jahr des Religionsfriedens in Nürnberg.   
[3] cum verbo - mit dem Fleisch gewordenen Wort; gemeint ist Jesus Christus.   
[4] genitrix: Das Wort ist auf das Verbum gignere (erzeugen, hervorbringen, gebären) zurückzuführen; es ist die  die weibliche Form von genitor (der Schöpfer, Vater).   

[5] tutrix: analog zu genitrix [4] weibliche Form zu tutor (Schutzherr)
[6] vicarius - Stellvertreter  
[7] S.T. - S[ANCTI] [S]T[EPHANI]: Sankt Stephan; gemeint ist der Sankt Stephanusaltar im Dom.
[8] summissarius bezeichnet einen Untergebenen (vgl. sub-mittere)   


Bericht: Tina Herbst (9a)

Quellen:
BREUER, T. u. GUTBIER, R.: Die Kunstdenkmäler von Oberfranken, Stadt Bamberg, Bürgerliche Bergstadt. 2 Halbbände. Bamberg: Bayer. Verlagsanstalt, 1997; S. 828-831.
GLÜCK, H. (Hrsg.): Metzler Lexikon Sprache. Stuttgart: J. B. Metzler, 2000 (2. Auflage); Stichwort "Chronogramm".
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